Blog-Reihe Belegungsmanagement: Teil 3 Projektschritte des ZBM

Das Projekt ZBM gliedert sich in drei Phasen „IST-Analyse“, „Konzeption und Umsetzung“ sowie „Evaluation“ und insgesamt in sechs Projektschritte (siehe Abbildung 1), welche ich im Folgenden näher beschreiben werde.

 

Schritt 1: Datenauswertung

Die Datenauswertung dient der objektivierten Analyse des Belegungsprofils des Krankenhauses über die letzten drei Jahre.  Dabei werden insbesondere folgende Fragen beantwortet:

  • Welche Stationen kommen regelmäßig an ihre Kapazitätsgrenzen?
  • Welche Stationen haben häufig Kapazitätsreserven?
  • Wie entwickelt sich die Belegung im Monatsverlauf für die einzelnen Abteilungen/ Stationen (Aufnahmen und Entlassungen)?
  • Wie entwickelt sich die Belegung im Wochenverlauf für die einzelnen Abteilungen/ Stationen (Aufnahmen und Entlassungen)?
  • Wie häufig kommt es auf den Stationen zu Bettensperrungen und was sind die Sperrgründe (z. B. infektiöse Patienten)?
  • Wie hoch ist das interdisziplinäre Belegungspotenzial im Zeitverlauf?
  • Wie viele interne Verlegungen gibt es (auch Zimmer und Bettenwechsel)?

In einem zweiten Teil untersucht die Ist-Analyse das bisherige Belegungsmanagement. Dabei werden u.a. folgende Fragen beantwortet:

  • Welchem Plan folgt die derzeitige und strategisch an der zukünftigen Entwicklung orientierte Bettenverteilung?
  • Wer trifft Entscheidungen zum Belegungsmanagement?
  • Wo und wann werden diese Entscheidungen getroffen?
  • Nach welchen Kriterien werden Stationen belegt?

Als Datenquellen werden dabei insbesondere der §21-Datensatz, aber auch Bewegungslisten sowie die Mitternachtsstatistik herangezogen.

Insgesamt ist eine segmentierte Auswertung nach den Patientengruppen anzustreben, die für die Logik des Belegungsmanagements relevant sind: Elektivpatienten, Notfallpatienten und insbesondere ungeplante Patienten. Bei Letzteren wird es für eine systematische Belegungssteuerung entscheidend sein, inwieweit das ZBM Vorlaufzeit durch die aufgeschobene medizinische Dringlichkeit dieser Patienten gewinnt (Grundsatz: „ungeplante Patienten so weit wie möglich planbar machen“).   

Eine Schwierigkeit ist in diesem Zusammenhang, dass im KIS in der Regel nur Elektivpatienten und Notfälle als Aufnahmearten unterschieden werden, die Kategorie „Ungeplante Patienten“ kann zumeist nicht getrennt ausgewertet werden. Dennoch sind im statistischen Überblick im Jahresvergleich „Muster“ erkennbar, die planerisch vom Belegungsmanagement aufgegriffen werden können.

Schritt 2: Stakeholder-Analyse

Die Analyse aller relevanten Anspruchsteller („Stakeholder“) ist ein bedeutsamer Planungsschritt, der in Projekten zur Einführung eines ZBM oft fehlt oder nur unzureichend bearbeitet wird. Die Stakeholder-Analyse stellt auf Basis der Hospitation und der Interviews bzw. anderer Info-Quellen im Wesentlichen heraus, welche Erwartungen ein Anspruchsteller an das Projektergebnis hat, welche Vorteile, aber auch Vorbehalte bzw. Verlustängste er haben wird („win-lose-Konstellationen“), welchen offensichtlichen und versteckten Einfluss er auf das Projekt ausübt, welche Rolle ihm im Projekt zukommen kann und welche Strategie im Umgang mit jedem einzelnen Stakeholder im Projekt wirksam sein kann.

Die Ergebnisse der Stakeholder-Analyse können in Teilen veröffentlicht werden, sind im Zugriff aber in der Regel auf einen engen Kreis aus Auftraggeber (Geschäftsführung), internem Projektleiter und ggf. externem Berater beschränkt und bilden eine wichtige Basis für Maßnahmen zum Change-Prozess bzw. das projektbegleitende Kommunikationskonzept.

Schritt 3: Hospitation und Interviews

Auf der Basis eines definierten Begehungsplans werden die einzelnen, an der Belegungssteuerung beteiligten Bereiche begangen und die Mitarbeiter durch die einzelnen Arbeitsschritte begleitet. Dies ist typischerweise eine Aufgabe der externen Berater, kann aber auch durch interne Prozessbeobachter aus der Projektgruppe heraus geleistet werden. Begehungs-Checklisten stellen sicher, dass die benötigten Informationen zweckdienlich, vollständig, vergleichbar und personenunabhängig erhoben werden. Ergebnis der Hospitation sind Informationen, welche Wege und welches Procedere bei den Patienten in allen Fachabteilungen gleich ist und wo die jeweiligen Spezifika liegen. Bereits im Rahmen der Hospitation werden Gespräche mit einzelnen Akteuren geführt, um das Verständnis der beobachteten Vorgehensweisen zu vertiefen – flankierend zur Hospitation dienen dann noch semi-strukturierte Interviews der Erhebung individueller Wahrnehmung der Stärken und Schwächen der bestehenden Belegungssteuerung. Die Teilnehmer der Interviews werden im Vorfeld geplant.

Schritt 4: Workshops zur Konzeption

Aufbauend auf den Ergebnissen der IST-Analyse erarbeitet die Projektgruppe in kompakten, zeitlich komprimiert aufeinanderfolgenden Workshop-Einheiten die Konzeption für das interdisziplinäre Bettenmanagement. Am Ende der Konzeptionsphase sind die Partnerstationen definiert, klare Belegungsregelungen erarbeitet, ein zentrales Belegungsmanagement konzipiert und erste Ideen zum gegenseitigen Wissenstransfer der Partnerstationen entwickelt – um nur einige Eckpunkte zu nennen. Ausgewählte Aspekte für die Konzeption eines Belegungsmanagements werde ich in einem der folgenden Beiträge dieser Blogreihe vertiefen.

Für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts zur interdisziplinären Bettenbelegung ist die Bereitschaft der Mitarbeiter zu Veränderungen wesentliche Voraussetzung. Daher sind offene, konstruktiv-kritische und vertiefende Diskussionen in den Workshops wichtig, in denen die „machbaren“ Details des Konzepts gemeinsam ausgearbeitet werden. Dabei bekommen die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Bedenken und Anregungen zu äußern. Diese werden aufgegriffen und in Form konkreter Lösungsansätze in das Konzept eingearbeitet.

Weiterer Schlüsselfaktor bei der Optimierung des Bettenmanagements ist, die ungeplanten Patienten in einen strukturierten Prozess aufzunehmen.

Schritt 5: Umsetzungsplanung und -begleitung

Nach Beendigung der Projektgruppenarbeit ist als letzter Schritt in der Konzeptionsphase ein detaillierter Umsetzungsplan festzulegen, der genau definiert, wer welche Aufgaben im Vorfeld der Implementierung zu erledigen hat und wann letztlich der Startschuss für die Umsetzung gegeben wird. Beispiele für Maßnahmen, die den Umsetzungserfolg sicherstellen, sind die Verfügbarkeit der benötigten KIS-Anwendungen oder Qualifizierungsmaßnahmen einzelner Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen. Die Beendigung aller erkannten Maßnahmen des Umsetzungsplans ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die Umsetzung. Das Fehlen oder Nicht-Funktionieren eines digitalen Arbeitsschritts oder aber das Unvermögen einzelner Akteure oder Teams aufgrund einer unzureichenden Einweisung bzw. Schulung führen beispielsweise direkt zu Umsetzungsbeginn zu mangelnder Akzeptanz sowie Demotivation und liefern allen Bedenkenträgern genau die Argumente „warum es nicht klappen kann“!

Im weiteren Verlauf der Implementierung ist eine engmaschige Begleitung des ZBM-Teams durch den Berater oder den internen Projektleiter unerlässlich. Trotz eines noch so ausgefeilten Konzepts tauchen im „Echtbetrieb“ viele Hindernisse auf, die einer raschen und pragmatischen Lösung zugeführt werden müssen. Ferner sind immer wieder Gespräche mit einzelnen Akteuren erforderlich, die den im Konsens verbindlich festgelegten Regelungen zuwiderlaufen. Die Einführung eines ZBM gleicht stets einem „Try and Error“-Prinzip – setzt also die Bereitschaft voraus, Lösungen auszuprobieren und Irrwege zu korrigieren. Dabei darf allen Beteiligten klar sein, dass sich die Belegungssteuerung in der Wahrnehmung vieler in der ersten Zeit der Umsetzung verschlechtert und es immer wieder zu Konflikten bei einzelnen Belegungsentscheidungen und sicherlich auch zu Fehlern des ZBM-Teams kommen wird. Diese Wahrnehmung lässt allerdings außer Acht, dass es vor der Einführung auch schon einen enormen Aufwand und viele Konflikte bei der täglichen Bettensuche gab. Dennoch ist die Wahrnehmung einer Verschlechterung des Prozesses ein weiterer Grund für die engmaschige Umsetzungsbegleitung. In diesem Zusammenhang ist es von großer Bedeutung, die Erfolge der neuen Vorgehensweise sehr offensiv intern zu kommunizieren. So ist z.B. die Notaufnahme ein Bereich im Krankenhaus, der sehr schnell von einem ZBM profitiert, indem sie ad hoc tagsüber erheblich von der Bettensuche entlastet wird.

Erfahrungsgemäß muss die Umsetzungsbegleitung etwa ein halbes bis dreiviertel Jahr andauern, um sicherzustellen, dass die Regelungen zum ZBM zu einer neuen Routine werden und alle „Kinderkrankheiten“ beseitigt sind. Dieser Erfahrungswert ist auch von Bedeutung in Bezug auf einen Rollout des ZBM, ausgehend von ausgesuchten Pilotabteilungen: es entsteht leicht ein Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach einem möglichst raschen Rollout, um dem ZBM schnell eine kritische Masse an verfügbaren Betten geben zu können und dem Zeitpunkt, zu dem wesentliche Lernerfahrungen der Pilotphase gemacht wurden, um ein Wiederholen von Fehlern beim Rollout zu vermeiden.

Schritt 6: Evaluation

Um eine nachhaltige Umsetzung der Strukturen und Abläufe zum ZBM sicherzustellen, empfiehlt es sich, die Einhaltung der vereinbarten Regelungen auch nach Aufnahme des Routinebetriebs regelmäßig zu evaluieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass gehäufte Abweichungen von den Vorgaben frühzeitig erkannt, deren Ursachen analysiert und bei Bedarf gegensteuernde Maßnahmen ergriffen werden.

Hierzu legen wir gemeinsam mit der Projektgruppe bzw. dem Auftraggeber des Projekts fest, welche Beschlüsse einer besonders intensiven Umsetzungskontrolle bedürfen. Weitere Erhebungen krankenhausübergreifender oder im Einzelfall auch abteilungsspezifisch relevanter Kennzahlen können je nach Aufwand vereinbart und integriert werden.

Wir werten die Erhebungen in festgelegten Zeitabständen aus und stellen diese Analyseergebnisse in den zentralen Gremien (Klinikleitungssitzung, Chefarztrunde etc.) vor. Gemeinsam diskutieren wir die Ursachen für Abweichungen von den definierten Regelungen und leiten bei Bedarf entsprechende Optimierungsmaßnahmen ab.

Nachdem ich in diesem Blog die Projektierung bei der Einführung eines ZBM näher beleuchtet habe, werde ich mich in meinem in Kürze erscheinenden vierten Blogbeitrag näher mit der Konzeption eines ZBM befassen.

Abbildung 1: Verlauf und Teilschritte eines Projekts zur Einführung eines ZBM

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