Digitaler Fortschritt und Datensicherheit – bremst sich das Gesundheitswesen selbst aus?

In jeder Diskussion rund um den Themenblock „Digitalisierung im Krankenhaus“ schwingt automatisch die Frage mit, inwiefern sich Krankenhäuser durch die digitale Wende in ein Feld der Unsicherheit begeben. Es besteht eine große Angst vor dem Datenverlust bzw. -klau, der Abhängigkeit von IT-Systemen bei IT-Ausfällen oder gar der Verschlimmbesserung durch halb durchdachte IT-Prozesse. Die Themenblöcke Digitalisierung und Datensicherheit werden somit eng miteinander verbunden. Es stellt sich also für die verantwortlichen Entscheider häufig die Frage, was zuerst aufgebaut werden muss – eine sichere IT-Infrastruktur oder der Ausbau von IT-gestützten Prozessen wie der digitalen Patientenakte. Und wie so häufig ist die Antwort ein gewagter Mittelweg.

 

In der Auseinandersetzung mit IT-Systemen zeigt sich sehr schnell, dass es kaum Systeme gibt, die alle Daten mit absoluter Sicherheit schützen können oder einen Ausfall von IT-Systemen komplett ausschließen. Hier werden gebetsmühlenartig Fallbeispiele wie der Ransomeware-Befall in Neuss zitiert, welcher die IT-Infrastruktur über mehrere Tage stark beeinträchtigte. Doch betrachtet man diese Fälle im Detail, wird ebenso schnell deutlich, dass das Verständnis über die IT-Sicherheit (safety & security) an solchen Fällen rapide wächst. In Reaktion auf diese Zwischenfälle haben zahlreiche Krankenhäuser ihre IT-Infrastruktur neu beleuchten lassen und diese um das Vielfache sicherer gestaltet.

Gerade weil im Gesundheitswesen ein so (zu Großteilen gerechtfertigter) vorsichtiger Umgang mit der Digitalisierung vorherrscht, ist der Wissenszuwachs im Umgang mit möglichen Schwachstellen ebenfalls stärker begrenzt. Gleichzeitig wird jedoch der Konkurrenzdruck im Geschäftsfeld der Digitalisierung immer größer, da immer mehr Entscheider den Mut aufbringen, in die Digitalisierung zu investieren – und bisher wurde nur selten einer dieser Entscheider für diesen Mut bestraft.

Den digitalen Fortschritt mit anzuführen, heißt demnach, ein gewisses Wagnis einzugehen. Mit jedem digitalen Fortschritt muss die IT-Sicherheits-Infrastruktur natürlich „mitwachsen“. Das Bedürfnis, sich erst einmal komplett abzusichern, bevor man investiert, ist aufgrund der Schnelllebigkeit in der digitalen Welt ein Bedürfnis, das nie komplett befriedigt werden kann. Anstatt sich gegenseitig zu bremsen, müssen IT-Sicherheit und digitaler Fortschritt mit einer gemeinsamen Vision und einem gemeinsamen Maßnahmenplan aufgebaut werden. Aus jedem digitalen Fortschritt erfolgen dann auch ganz natürlich neue Erkenntnisse zur Erhöhung der Datensicherheit.

Auf diesem zugegeben schmalen Grad gibt es einige Schritte, die einem auf dem Weg zum digitalen Krankenhaus viele Schmerzen ersparen können:

  • Umfassender, strategischer IT-Masterplan: Um weder den digitalen Fortschritt zu bremsen, noch die IT-Sicherheit zu vernachlässigen, bedarf es eines tiefgreifenden strategischen Masterplans, angelegt über mehrere Jahre. Hierzu muss der digitale Reifegrad der Einrichtung bestimmt werden, ebenso wie ein langfristiger Investitions- und Rollout-Plan.
  • Harmonisierung der Systeme: Sowohl für die IT-Sicherheit als auch für produktive IT-gestützte Prozesse ist es unabdingbar, die Schnittstellen auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Wie in den Krankenhausprozessen selbst lauern die meisten Gefahren an den Schnittstellen.
  • Keine Digitalisierung ohne ein funktionierendes Projektmanagement: Damit ein Digitalisierungs-Projekt nicht zu einem Investitions-Grab verkommt, ist es unabdingbar, ein effektives Projektmanagement im Hintergrund einzusetzen. Da IT-Projekte meist über mehrere Jahre laufen, muss ein besonderes Augenmerk auf die anfängliche Planungsphase gelegt werden.
  • Digitalisierung bedeutet Prozessmanagement: Wer sich das erste Mal mit Digitalisierung auseinandersetzt, wird schnell erstaunt sein, wie tief er sich in die Krankenhausprozesse einarbeiten muss. Nirgendwo ist der Detailgrad zur Ausdefinition von einzelnen Prozessschritten höher. Letztlich muss der digitale Prozess die optimalen Handlungsabläufe abbilden, um auch für den Anwender einen Mehrwert stiften zu können.
  • Die Mitarbeiter nicht vergessen: Jeder Schritt in die Digitalisierung bedeutet, einen Wandel zu initiieren. Durch IT-gestützte Prozesse verändern sich zahlreiche Arbeitsplätze, selbst wenn es nur wenige Clicks oder eine andere Benutzeroberfläche bedeutet. Wer den Anwender hier außen vor lässt, wird sein digitales Meisterwerk nicht in die Umsetzung bringen können. Der Mensch ist noch immer ein Gewohnheitstier und hat in dem alten System bereits seine Routine gefunden.
  • „Lernen von den Großen“: Die Lösungen von Bitcoin und Konsorten sind nur etwas für die Industrie? Nicht ganz: Blockchain & Co bieten von der Industrie geprägte Datensicherungsmechanismen, die für das Gesundheitswesen ganz neue Welten eröffnen. Auch wenn diese Entwicklungen heute noch zu groß für das Gesundheitswesen erscheinen, werden sich die Vorreiter der Digitalisierung im Gesundheitswesen damit auch heute schon auseinander setzen müssen.

Letztlich bietet die Digitalisierung so viele Entwicklungsfelder für Krankenhäuser, wie kaum eine gesundheitspolitische Entwicklung zuvor. Wer hier unter den Vorreitern agieren will, muss sich früher oder später mit den weitreichenden Fragen der Digitalisierung auseinandersetzen. Hierbei gilt es, nicht mit Angst, sondern der nötigen Vorsicht auch die IT-Sicherheitsinfrastruktur mit aufzubauen, um sich strategisch und „gesund“ in das Zeitalter der digitalisierten Krankenhäuser hervorzuwagen.

 

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