Leistungserfassung und Prozessdokumentation oder die Arbeit einer Pflegekraft in Zahlen

Frau M., 75 Jahre, ist zu schwach, um alleine aufzustehen, wird mit dem Monitor verkabelt überwacht, weint zusammen mit ihrer Tochter, weil sie mit der ganzen Situation nicht zurechtkommt. Stationsalltag. Mobilisiert, gewaschen, überwacht, getröstet. Gar nicht mal so aufwendig. So hört es sich an. Aus eigener Erfahrung als Gesundheits- und Krankenpflegerin kenne ich den Marathonlauf zwischen Stations- und Patientenzimmer, weiß wie es ist, kaum zur Ruhe zu kommen, in den Pausen fünfmal gestört zu werden, um mich trotzdem manchmal nach Dienstende zu fragen: Was genau hast du heute eigentlich die ganze Zeit gemacht..? Und mit diesem Gedanken stehe ich neben den Kollegen, der Pflegedienstleitung und letztendlich dem kaufmännischen Direktor nicht alleine da. Deshalb stellt sich mir die Frage: Wie könnte man meine Leistungen sichtbar machen, auch für diejenigen, denen meine Arbeit auf den ersten Blick nicht bewusst ist? Wie behalte ich selbst die Übersicht über all das, was ich geleistet habe? Und kann man meine Arbeit vielleicht mit denen der anderen vergleichen?  

 

Eine Antwort auf meine Fragen fand ich auf der LEP®- Konferenz in Frankfurt, die Stefan Hieber der LEP® AG moderierte und zu der meine Kollegin Dagmar Rode und ich eingeladen waren.

Der Begriff LEP® steht für Leistungserfassung und Prozessdokumentation im Gesundheitswesen. Dahinter verbirgt sich die LEP® AG mit Sitz in St. Gallen/Schweiz. Vor 25 Jahren machten sich die Gründer der LEP® AG die gleichen Gedanken wie ich. Gibt es ein Instrument, das die Pflege unterstützt und deren Aufwand komplett abbildet? Die Idee wurde Realität und die Leistungserfassung über eine elektronische Patientendokumentation gehört heute in mehr als 150 schweizerischen Spitälern, psychiatrischen und Rehabilitationskliniken sowie anderen Gesundheitseinrichtungen zum Standard. Neben der Umsetzung in Österreich wurden die Kataloge und Klassifikationen bereits in den Alltag von mehr als 50 deutschen Krankenhäusern integriert.

Wie sieht dieses Instrument nun aus? Der Fokus des neuen Moduls LEP® Nursing 3 liegt auf der Auswahl von Pflegemaßnahmen, deren Erfassung und Dokumentation als Teil des Pflegeprozesses. Um diesen umfassend zu veranschaulichen und die Aufgaben der Pflegenden praxisorientiert steuern zu können, arbeitet LEP® mit Dritten zusammen. Zu nennen sind hier neben den Pflegediagnosen Klassifikationssystemen NANDA und den AIR Pflegezielen auch das Assessment Tool ePA-AC, das ergebnisorientierte Pflege Assessment. Die Nutzung von ePA-AC ermöglicht nicht nur die Erfassung der Pflegemaßnahmen durch LEP®, sondern eine umfassende Abbildung des Pflegeprozesses beginnend bei der Anamnese und Problembeschreibung, der Ziel- und Leistungsplanung, der Leistungsdokumentation und schlussendlich der Prozessevaluation. Dabei orientiert sich der Pflegeaufwand nach LEP® nicht allein an den Aufgaben, die direkt am Patienten durchgeführt werden, sondern darüber hinaus am sogenannten C-Wert. Darunter versteht man Leistungen, die keinem Fall zugeordnet werden können, aber trotzdem vom Personal erbracht werden müssen und somit Zeit beanspruchen. Ein Beispiel hierfür wären administrative Aufgaben oder Botengänge.

Aus der Nutzung der genannten Tools ergibt sich für die Pflege ein Pflegeprozess in vereinheitlichter Sprache, der Informationen auch an Schnittstellen interdisziplinärer Zusammenarbeit sichert. Darüber hinaus wird es für Unternehmen möglich, ihre Einrichtungen über die ermittelten Kennzahlen zu vergleichen. Frau Susanne Raeburn (LEP® AG) stellte hierzu eine Patient Care Analytics Platform (PCAP) vor, die es ermöglicht, einen DRG Benchmark nicht wie gewohnt nur auf Basis ärztlicher Tätigkeiten, sondern auf Leistungsdaten der Pflege zu ermitteln. Wo finden sich bezüglich des Pflegeaufwands weshalb Unterschiede bei eigentlich gleicher Verweildauer oder warum handelt es sich um eine unterschiedliche Verweildauer bei gleichem pflegerischen Aufwand? Oder einfacher: Weshalb liegt die Patientin mit der gleichen Krankheit wie Frau M. auf der anderen Station eine Woche kürzer?

Schwerpunkte liegen hier auf dem Casemix, der Fallzahl, dem Gesamtpflegeaufwand und dem Anteil der Langlieger. Auffälligkeiten werden identifiziert und analysiert. Dabei haben Abweichungen nicht prinzipiell etwas mit einer zu langsamen oder unmotivierten Pflegekraft zu tun, sondern werden durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst. Zu nennen sind hier beispielsweise unübersichtliche Strukturen, zu komplex gestaltete Prozesse oder eine unzureichende Kodierqualität. Die genannten Einflussfaktoren gilt es in ihrer konkreten Ausprägung zu ermitteln und mit Hilfe geeigneter Steuerungsmaßnahmen zu beeinflussen. Dies kann ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der wettbewerbsfähig eines Krankenhauses sein.

In Anbetracht der Tatsache, dass Auswertungen durch Kennzahlen nicht nur in der Schweiz relevant sind, stellte Eva Durka, LEP®-Verantwortliche des Deutschen Herzzentrums München, Ergebnisse aus den Benchmarktreffen mit den Universitätskliniken Aachen, Tübingen, Frankfurt, Essen, Kiel/Lübeck vor. Erste Ideen sind, Standarddaten, Patientenkategorien, einen Ziel-C-Wert und die Verweildauer auch im Zusammenhang mit der eingesetzten Personalzeit zu vergleichen. Interessant werden auch Auswertungen zu Leistungen bei gleichen DRGs und dem daraus resultierenden Pflegeaufwand.  

Desweiteren stellte Herr Nikolaus Gabele, der die Stabstelle EDV am Universitätsklinikum Aachen innehat, eine Methode der Stellenberechnung vor. Dabei wurde aus den Erlösen der Pflege und deren Personalkosten der Deckungsbeitrag erhoben, um die Wirtschaftlichkeit dieser Berufsgruppe genau bewerten zu können.

Doch was so leicht klingt stellt sich auch als Herausforderung dar, wie im Vortrag von Doris Hennenberger ersichtlich wurde. Als EDV-Beauftragte des Universitätsklinikums Frankfurt setzt sie sich mit viel Elan dafür ein, die hausinterne Datenbank mit den Erfassungen von LEP® zu verbinden, um eine Doppeldokumentation und somit den zusätzlichen Erfassungsaufwand seitens der Pflege zu vermeiden. Probleme ergaben sich aufgrund der Datenbankstruktur und fehlender Unterstützung seitens des IT-Anbieters. Zudem gab es uneinheitliche Definitionen der Pflegedokumentation, was eine Einigung schwierig macht: Während der eine Mitarbeiter darunter überwiegend eigenständige Pflegeleistungen versteht, zählen für den anderen auch vom Arzt delegierte oder organisatorische Pflegeleistungen dazu. Letztere Variante wäre zu empfehlen, um Informationsverluste möglichst zu vermeiden und tatsächlich alle durchgeführten Leistungen in einem System erfassbar zu machen. Voraussetzung für die Einführung eines solchen Systems sind nach Frau Hennenberger umfassende EDV-Kenntnisse und eine gehörige Portion Motivation.

EDV ist für mich ab und an noch ein Buch mit sieben Siegeln. Auch damit stehe ich im Krankenhausalltag nicht alleine da. Menschen in einer Organisation blicken Veränderungen bekanntlich oft sehr skeptisch entgegen. Veränderungen in Kombination mit EDV löst nicht selten große Diskussionen aus, die mir selber nicht unbekannt sind. Aber EDV-unterstützte Prozesse sind die Zukunft und ein Weg die Anstrengungen und Aufwendungen der Pflege für andere nachvollziehbar zu machen und langfristig Handeln zu beeinflussen.

Weitere Informationen finden Sie auf www.lep.ch/de/anwenderkonferenz-deutschland-2013.html.

Persönliche Informationen erhalten Sie auch im Gespräch mit den MitarbeiterInnen der LEP® AG und ZeQ AG vom 23.-25. Januar 2014 am 1. Deutschen Pflegetag vor Ort in Berlin.

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